OUISTREHAM: Erinnerungen an die Landung der Alliierten

Manchmal träume ich davon, einen an der Ampel vor mir schlafenden Autofahrer mit einem richtig lauten Schiffshorn zu wecken und zum Losfahren zu bewegen. Ja, das wäre wirklich herrlich! Seit zwei Tagen weiß ich, dass ich nicht der Einzige bin, der diesen Traum hegt und dass es durchaus Leute gibt, die diesen Traum Leben. So etwa der Kapitän eines der Fährschiffe, die den kleinen Fährhafen von Ouistreham bereits ganz früh am Morgen anfahren, um die Passagiere in Richtung Großbritannien an Bord zu nehmen.

An diesem Morgen herrscht an der Küste vor Ouistreham dichter Nebel. Unmittelbar angrenzend an den Fährhafen schlafen noch alle Insassen der Wohnmobile, die hier auf dem Stellplatz übernachtet haben. Auch die meisten Einwohner des kleinen Städtchens schlafen noch. Betonung auf, sie ahnen es bereits: NOCH!

Es ist erst 5:30 Uhr an diesem Morgen. Einer ist jedoch schon länger wach und er scheint sich über den aufgezogenen Nebel schelmisch zu freuen. Macht es die schlechte Sicht doch notwendig, dass er die Ankunft seiner Fähre mit dem Ertönen seines Nebelhorns ankündigt. Nicht nur kurz, denn es könnte ja der ein oder andere Schwerhörige unter den Landratten weilen.

Fährschiff im Hafen von Ouistreham
Fähre im Hafen von Ouistreham

Das Geräusch beendet um Punkt 5:30 Uhr alle – auch noch so schönen – Träume und zwar mit einer solchen Vehemenz, dass man unweigerlich glaubt, dass der Knopf zur Betätigung des Nebelhorns klemmt. Gefühlte 10 Minuten vibriert alles im Umkreis von 3 Kilometern. Wir sind jetzt hellwach. An dieser Stelle vielen Dank an den diensthabenden Offizier auf der Brücke und liebe Grüße.

Bei einem ausgiebigen Roadtrip durch die wunderschöne Landschaft der Normandie kommt man früher oder später mit einem dunklen Teil der Geschichte in Berührung. Es gibt viele Orte, an denen man an die Landung der Alliierten an der Küste der Normandie und die damit verbundenen gefallenen Soldaten auf allen Seiten erinnert wird.

Wir wollen uns viel Zeit nehmen, uns mit diesem Teil der Geschichte auseinanderzusetzen. Aktuell sind wir in Ouistreham an der Mündung der Orne . Der Küstenabschnitt ist flach und verfügt nicht über die sonst so häufige Steilküste der Normandie. Ouistreham hat einen Fährhafen, der sich direkt neben unserem Stellplatz befindet.

Hier beginnt der Sword Beach, also der französich-britische Landungssektor, gefolgt vom kanadischen Sektor Juno Beach, dem britischen Sektor Gold Beach und den wohl bekanntesten amerikanischen Sektoren Omaha Beach und Utah Beach.

Gestern haben wir das Bunker Museum in Ouistreham besucht, das sich unweit unseres Stellplatzes in einem ruhigen Wohngebiet befindet. Lärm gibt es hier nur, wenn eine der Fähren mit laufenden Motoren im Hafen liegt und die Fahrzeuge die Fähre verlassen oder eben neu befahren.

Der Bunker verfügt über fünf Etagen und eine begehbare Dachterrasse. Wer den Eintritt von 8,50€ pro Person gezahlt hat, gelangt durch einen engen Gang hinein und begibt sich auf eine Zeitreise.

Es gibt viele Ausstellungsstücke aus der Zeit der Landung der Alliierten und man kann sich ein detailliertes Bild davon machen, wie es damals im Inneren des Bunkers zugegangen ist. Bei uns kommen gemischte Gefühle auf und man fragt sich, wie es soweit kommen konnte, dass hier so viele Menschen ihr Leben lassen mussten.

Ouistreham bietet seinen Gästen einen sehr breiten, weitläufigen Strand und eine recht hübsche Einkaufsstraße, die den Besucher zum Bummeln einladen. Das Gedenken an die Ereignisse der Landung der Alliierten in der Normandie prägt das Ortsbild.

Es gibt in Strandnähe eine kleine Kartbahn, die Möglichkeit auszureiten und man kann mit einem Strandsegler über den Strand segeln. Ein Besuch in Ouistreham lohnt also allemal. Vorausgesetzt, man steigt gerne früh aus dem Bett, um etwas vom Tag zu haben. Langschläfer sollten besser genügend Abstand zum Fährhafen halten. Das Nebelhorn hat es wirklich in sich…

Nachtrag: Ein Name ist uns in Erinnerung geblieben: Bob Orrell. Er zählt zu denen, die die schrecklichen Ereignisse im Jahre 1944 überlebt haben. Einer derer, die der Nachwelt von diesen Tagen berichtet haben. Man mag sich nicht vorstellen, in wie vielen Nächten er von seinen Erlebnissen geträumt hat und wie schwer es war, diese zu verarbeiten.

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